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Das politische System Russlands

Offiziell wird in der Verfassung von der Russländischen oder Russischen Föderation gesprochen.

Inhalt

Quellen

Verfassung/Gewaltenteilung

Daten und Geschichte

Staatsoberhaupt

Zustand/Kritik

Gesellschaft und Partizipation

... zur Russischen Föderation

Daten und Geschichte

Russland - Daten und Fakten

Hauptstadt: Moskau Währung: Russischer Rubel Staatssprache: Russisch Fläche: 17.098.200 km² (größtes Land der Erde) Einwohner: ca. 141 Mio.

Von 1721 bis 1917 wird das Russische Kaiserreich, das andere Gebiete umfasst als die heutige Russische Föderation, von neun Zaren regiert. Im Zuge der Februarrevolution wird der Zar Nikolaus II aufgefordert abzudanken, was das Ende des Russischen Kaiserreiches beschreibt. Daraufhin wird eine provisorische Regierung, bestehend aus Duma und dem Petrograder Sowjet, gebildet.

Erstmaliges Inkrafttreten der Verfassung

Gründung der UdSSR (Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken), Eingliederung der RSFSR in die UdSSR

Gründung der RSFSR (Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik)

Erstmalige Wahl Putins zum Präsidenten

Russland wird unabhängig von der UdSSR, Gründung der Russischen Föderation/ Russländischen Föderation

Putins Amtszeit wird durch Medwedew für vier Jahre unterbrochen

Wiederwahl Putins zum Präsidenten

Verfassung

Verfassung der Russischen Föderation

Staatsstruktur

Staatszweck

Gewalten-teilung

  • seit 1991 eine Präsidialrepublik mit "föderativem Staatsaufbau"
→ 85 Bereiche, die Subjekte der Föderation genannt werden → diese haben eigene exekutive und legislative Organe sowie Verfassungen, die jedoch der föderalen Verfassung der Russischen Föderation entsprechen müssen → Vorrangstellung
  • parlamentarisch-präsidentiales Mischsystem, da sowohl der Präsident, als auch das Parlament direkt vom Volk gewählt werden (semipräsidentielles System)
  • Artikel 1 der Verfassung nennt Russland einen „demokratischen föderativen Rechtsstaat mit republikanischer Regierungsform“

Werden die Kandidaten für den Ministerpräsidenten von der Staatsduma dreimal in Folge abgelehnt, kann der Präsident die Staatsduma auflösen und Neuwahlen anordnen.

Die Duma - Wahlsystem

  • insgesamt 450 Abgeordnete werden in die Duma gewählt
  • die Hälfte der Mandate wird durch Verhältniswahl (Wahl von durch Parteien aufgestellte Listen), die andere Hälfte durch Direktwahl (direkte Wahl von Personen) vergeben
  • es gibt keine Ausgleichsmandate
  • Das Wahlsystem wird auch Grabenwahlsystem genannt
  • die erste Zusammenkunft der Duma erfolgt am 30. Tag nach der Wahl
  • die Sitzungen sind offen und finden getrennt von den Sitzungen des Föderationsrates statt
  • Eine Zusammenkunft der Duma und des Föderationsrates ist möglich, wenn der Präsident eine Ansprache halten möchte
Aufgaben der Duma
  • kann Gesetze initiieren
  • wird ein Gesetz anschließend vom Föderationsrat abgelehnt, kann es trotzdem durchgesetzt werden, sofern nach wiederholter Abstimmung zwei Drittel der Abgeordneten zustimmen
  • kann der Regierung das Misstrauen aussprechen
  • hat das Recht, ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einzuleiten

Der Föderationsrat

  • besteht aus je zwei Vertretern der 85 Föderationssubjekte, einem aus der Legislative und einem aus der Exekutive
  • der Präsident kann 30 Senatoren selbst ernennen, davon 7 auf Lebenszeit
Aufgaben
  • Bestätigung von Gesetzesentwürfen und Weiterleitung an den Präsidenten oder Ablehnung und Zurückschicken an die Duma
  • Genehmigung der Änderung von Grenzen zwischen Föderationssubjekten
  • Bestätigung des Eintrittes in kriegerische Auseinandersetzungen und Ausruf des nationalen Notstandes durch den Präsidenten
  • Ernennung von Richtern des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts

Der Präsident der Russischen Föderation zählt offiziell nicht als Teil der drei Gewalten. Er ist das offizielle Staatsoberhaupt und hat viele Befugnisse, die auch in Exekutive und Legislative eingreifen. Die Aufgabenbereiche des Präsidenten umfassen:

  • Ernennung des Ministerpräsidenten
  • Ernennung des Stellvertreters des Ministerpräsidenten auf Vorschlag des Ministerpräsidenten
  • Ernennung der föderalen Minister auf Vorschlag des Ministerpräsidenten
"der Präsident hat das Recht, bei Sitzungen der Regierung den Vorsitz zu führen, beschließt über den Rücktritt der Regierung, kann Beschlüsse und Anordnungen der Regierung aufheben, wenn sie der Verfassung, föderalen Gesetzen und seinen Erlässen zuwiderlaufen." (Russische Botschaft in Deutschland)

Das Verfassungsgericht ist das höchste gerichtliche Organ der verfassungsmäßigen Kontrolle. Es besteht aus 11 Richtern, darunter der Vorsitzende des Verfassungsgerichts und sein Stellvertreter. Die Aufgaben des Verfassungsgerichts umfassen:

  • Schutz der Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung
  • Schutz der Menschen- und Bürgerrechte und -freiheiten
  • Sicherstellung der unmittelbaren Wirkung der Verfassung der Russischen Föderation

Der Oberste Gerichtshof ist das höchste Justizorgan für zivile Angelegenheiten. Es hat die Aufsicht über die Tätigkeit der Gerichte. Richter werden vom Präsidenten vorgeschlagen und vom Rat der Föderation ernannt.

Die Föderale Versammlung besteht aus zwei Kammern, die getrennt tagen:

Wahlen in der Russischen Föderation

  • Aktiv wahlberechtigt ist, wer die russische Staatsangehörigkeit besitzt und am Wahltag 18 Jahre alt ist (auch im Ausland lebende Bürger)
  • Passiv Wahlberechtigte sind russische Staatsangehörige, die am Wahltag das 21. Lebensjahr vollendet haben
  • keine Briefwahl, wodurch die Zugänglichkeit zu Wahlen erschwert wird
  • Direktwahl des Präsidenten
    • früher: Amtszeit betrug 4 Jahre
    • heute: Amtszeit beträgt 6 Jahre
  • Wahl der Abgeordneten der Staatsduma durch Grabenwahlsystem (siehe Duma)

Ministerpräsident (offiziell: Vorsitzender der Regierung der Russländischen Föderation) und Minister Der Ministerpräsident wird vom Präsidenten vorgeschlagen und von der Duma bestätigt. Die Minister und der stellvertretende Ministerpräsident werden vom Ministerpräsidenten vorgeschlagen und vom Präsidenten bestätigt. Die Minister sind primär dem Präsidenten und weniger dem Parlament untergeordnet.

Gewaltenteilung

Regierung = Ministerpräsident - muss nach dem Vorschlag des Präsidenten vom Parlament bestätigt werdenStellvertretende Ministerpräsidenten undMinister

Parlament aus Duma und FöderationsratGegenseitige Kontrolle und Vertretung verschiedener Interessen aus Föderationssubjekten und allgemeiner BevölkerungRecht, der Regierung das Vertrauen zu entziehen und das Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einzuleiten

Gerichte des Landes und Oberste Gerichte: Verfassungsgericht, oberster Gerichthof, oberstes Schiedsgericht

Exekutive

Legislative

Judikative

Gewaltenteilung

" Das Parlament ist kein Ort für Diskussionen."

Boris Gryslow, Vorsitzender der Staatsduma im Jahr 2003

Die Funktion der “Kritik und Kontrolle” der Medien ist eingegrenzt und aus dem Parlament gibt es kaum Berichterstattung - und wenn, dann nur von ausgewählten Pressevertretern.Neben den offiziellen Machtträgern der Russischen Föderation haben auch informelle Kräfte einen großen Einfluss auf politische Prozesse. Hohe Beamte und Regierungsmitglieder finden sich oft in den Aufsichtsräten wirtschaftlicher Betriebe wieder. Lobbyismus, starke Interessengruppen und die Verschmelzung von Politik und Wirtschaft stellen die demokratische Machtverteilung in Russland in Frage.Es gibt außerdem eine auffallende Konzentration von engen Vertrauten und Gleichgesinnten im Kreis um Putin in der Regierung.

Machtvertikale

Gewaltenteilung - Fremdwahrnehmung

In der Realität beobachte man in Russland eine konzentrierte staatliche Macht vor allem im Bereich der Exekutive. Parlament und vor allem oppositionelle Parteien haben eine weniger große Bedeutung. Die Präsidialadministration (Präsident, Ministerpräsident und ausgewählte Minister) bildet das wichtigste Herrschaftszentrum der Politik. Diese und Präsident Wladimir Putin selbst bilden den “Kreml” als bildliches Zentrum der Macht. Sowohl die Präsidialadministration als auch der Sicherheitsrat sind keiner parlamentarischen Kontrolle unterstellt und arbeiten hauptsächlich mit dem Präsidenten selbst zusammen. Dabei zählen einige wichtige und sensible Themen wie der Umgang mit Medien, Pressefreiheit, Parteien, Verbänden etc. ausschließlich in den Aufgabenbereich der Administration, welcher durch die fehlende Kontrolle und die Nähe zum Präsidenten ein breiteres Potential für Korruption und Machtmissbrauch bietet.

In den letzten Jahren häufte sich eine scheinbar willkürliche Abschaffung bestehender Institutionen und das Ersetzen dieser durch provisorische, eigens gebildete Gremien: zum Beispiel “Bevollmächtigte Vertreter des Präsidenten” als Kontrollinstanz über die Provinzen. Die **Abschaffung der Volkswahl der Gouverneure** (2006) führte zur weiteren Stärkung der Exekutive. Solche Maßnahmen werden offiziell getroffen, um die “Effizienz” der staatlichen Organe zu erhöhen und die Regierung absichern.

Seit der Verfassungsänderung 2020, die Putins Macht theoretisch bis 2036 sichern könnte, hat sich die Rolle der demokratischen Gewaltenteilung abermals verkleinert, von unabhängiger Justiz und/oder Parlament kann keine Rede mehr sein.→ widerspicht den Prinzipien der in der Verfassung festgehaltenen Gewaltenteilung (gegenseitige Kontrolle der staatlichen Gewalten und Organe + Gleichgewicht dieser) sowie denen der repräsentativen Demokratie→ Expert:innen sprechen von einer “geheimen Oligarchie” (bezogen auf das enge Netz Putins Vertrauter um ihn herum), einer gelenkten Demokratie oder gar von einem System zwischen Autokratie und Oligarchie

Gewaltenteilung - Fremdwahrnehmung

Staatsoberhaupt

" Die Exekutivgewalt der Rußländischen Föderation wird von der Regierung der Rußländischen Föderation unter der allgemeinen Aufsicht des Präsidenten der Rußländischen Föderation ausgeübt.

(Art. 110 Abs. 1 Verfassung der Russischen Föderation)

Der Präsident der Russischen Föderation ist offiziell kein Teil der drei Staatsgewalten, verfügt aber faktisch über die Exekutive sowie Legislative, da er einen Teil des Föderationsrates selbst bestimmen kann, der Einsetzung der Minister zustimmen muss und die Staatsduma auflösen kann, sofern diese die Kandidaten zum Ministerpräsidenten dreimal in Folge ablehnt.Die Legitimierung des Präsidenten erfolgt laut Verfassung direkt durch das Volk, welches ihn demokratisch wählt.Der aktuelle Präsident Russlands ist Wladimir Putin.

Staatsoberhaupt

Der Präsident der Russischen Föderation

- Bestimmen über die Leitlinien der Außenpolitik- Unterzeichnen von internationalen Verträgen- Oberster Befehlshaber der Russischen Armee- Ernennung und Entlassung des Oberkommandos der Streitkräfte- Bildung und Leitung des Sicherheitsrates (”ein Verfassungsorgan, das die Entscheidungen des Präsidenten zu Fragen der Sicherung des Schutzes der lebenswichtigen Interessen der Persönlichkeit, der Gesellschaft und des Staates vor inneren und äußeren Gefahren vorbereitet”)

Zuständigkeiten

…gegenüber der Exekutive:- Ernennung des Ministerpräsidenten (”Vorsitzender der Regierung”) mit Zustimmung der Staatsduma- Ernennung und Entlassung der föderalen Minister und des Vize-Ministerpräsidenten auf Vorschlag des Ministerpräsidenten- Vorsitz bei Sitzungen der Regierung- Entscheidungsmacht über den Rücktritt der Regierung- Aufheben von Beschlüssen der Regierung, wenn diese der Verfassung, föderalen Gesetzen und / oder seinen eigenen Erlässen widersprechen- in einigen Fällen: Aussetzung der Gültigkeit von Akten der exekutiven Organe der Föderationssubjekte, bis eine Entscheidung des zuständigen Gerichtes vorliegt

01

Staatsoberhaupt

… gegenüber der Legislative und Judikative- Ansetzung der Wahlen zur Staatsduma- Auflösung derselbigen, in den Fällen und auf die Art und Weise, wie in der Verfassung vorgesehen- Unterzeichnung und Veröffentlichung der föderalen Gesetze- Recht auf aufschiebendes Veto- Einbringen von Gesetzesentwürfen in die Duma- wendet sich bei Verfassungsfragen direkt an das Verfassungsgericht- Einbringen von Vorschlägen über die Überprüfung und Änderung der Verfassung

Obwohl der Präsident schon auf dem Papier recht viel Macht hat, sieht die Realität noch einmal extremer aus. So hat Wladimir Putin im Jahr 2021 ein Gesetz verabschiedet, dass ihm theoretisch ein Weiterregieren bis 2036 ermöglicht, wohingegen seine Amtszeit vor der Verabschiedung des Gesetzes 2024 hätte enden müssen. Indem er seine Amtszeit offiziell auf Null setzte, kann er nach den Wahlen 2024 noch zwei Legislaturperioden regieren.

Die Errichtung einer "Machtvertikale", d.h. der Ausrichtung aller Organe, Strukturen, Akteure etc. in Regierung, Politik und Wirtschaft auf den Präsidenten und dessen Administration, baute seinen zentralen Einfluss in den letzten zwei Jahrzehnten aus.Expert:innen sprechen auch von einem "Putinismus", einem extremen Personenkult in Russland, sowie einem System mit autokratischen Zügen. Außerdem haben unabhängige Organisationen seit Putins Machtergreifung mehrmals Wahlmanipulationen und -fälschungen in Präsidentschafts- und Dumawahlen aufdecken können.

Das System Putin

Staatsoberhaupt - Fremdwahrnehmung

Gesellschaft, Medien und Partizipation

Gesellschaft, Medien und Partizipation

Wahlen

Menschenrechte

Partizipation

Zensur

"Der Träger der Souveränität und die einzige Quelle der Macht in der Rußländischen Föderation ist ihr multinationales Volk."

(Art. 3 Verfassung der Russischen Föderation)

Sitzverteilung der Staatsduma 2021

Parteien in der Staatsduma

Einiges Russland

Kommunistische Partei der Russischen Föderation

Gerechtes Russland

Rodina (2003-2006)

Liberal-Demokratische Partei Russlands

Bürgerplattform

341 Sitze

2016-2021: 1 Sitz >> aktuell nicht in der Duma vertreten

40 Sitze

43 Sitze

23 Sitze

1 Sitz

Staatsduma und Präsident werden vom Volk direkt gewählt. Aktiv wahlberechtigt ist, wer die russische Staatsangehörigkeit besitzt und am Wahltag 18 Jahre alt ist (auch im Ausland lebende Bürger). Passiv Wahlberechtigte sind russische Staatsangehörige, die am Wahltag das 21. Lebensjahr vollendet haben. Wahlgebiete: 85 (jedes Föderationssubjekt) - keine Briefwahl; dadurch oft schwierig, der ganzen Bevölkerung die Wahl zu ermöglichen

Insgesamt dürfen nicht mehr als 600 Kandidaten für eine Partei kandidieren.Es gibt Föderationslisten und regionale Listen.Jeder Wahlberechtigte hat eine Stimme. Parteiunabhängige Kandidaturen sind nicht möglich.

Seit 2007 muss die Liste einer Partei mehr als 7 % der abgegebenen Stimmen erhalten haben (davor: 5 %); mindestens zwei Listen müssen diese Hürde überschritten haben und insgesamt 60 % der abgegebenen Stimmen repräsentieren. Repräsentieren die Listen, die über 7% erhalten haben, weniger als 60 % der Wählerstimmen, wird die jeweils kleinere Liste mit in das Parlament einbezogen, bis die 60 % erreicht sind. Erhält eine Liste allein mehr als 60 % der Stimmen und alle anderen Parteien haben nicht die 7%-Hürde überschritten, wird zusätzlich die Liste mit dem größten Anteil unter 7% mit in das Parlament einbezogen.

Duma

Sperrklausel

Wahlen

Gesellschaft, Medien und Partizipation

„Wir beobachten eine beispiellose Mobilisierung der Wähler – vor allem der Wähler, die dem Druck des Staatsapparats ausgesetzt sind, also aus Einrichtungen und Behörden, auf die der Staat direkten Zugriff hat. Diese Leute sollen ihr Kreuz für Stabilität machen, für weitere sechs Jahre desselben Regimes.“

- Marina Tschufarina, Aktivistin bei „Golos“, zur Wahlfälschung in Russland

Die Wahlbeteiligung lag in Städten wie Moskau teilweise bei 30 - 35 % (2011); mittlerweile betragen die von der russischen Regierung veröffentlichten Wahlbeteiligungsprozente bis zu 90 % - mit wiederum 90% Stimmen für Putin selbst. Unabhängige Wahlbeobachter:innen halten diese Ergebnisse, die meistens in den abgelegenen und schwer erreichbaren Gebieten Russlands ausgezählt werden, für höchst unwahrscheinlich bzw. bewiesenermaßen manipuliert.

Durch zahlreiche Kampagnen und Wahlkampfaktionen soll die Partizipation der Bevölkerung wieder angeregt werden, gleichzeitig gibt es aber keinen fairen Wahlkampf, weil die Systemparteien, allen voran “Einiges Russland” diesen für sich einnehmen.Kandidat:innen, ob zur Präsidentschafts- oder zur Dumawahl, werden von der Zentralen Wahlkommission ausschließlich zugelassen, solange sie keinen ernsthaften Konkurrenten für Putin und seine Parteigenoss:innen darstellen; die Auswahl ist willkürlich und unterliegt keinerlei legitimer Gesetzeslage. Beispiel: der vergleichsweise erfolgreiche Oppositionelle Aleksej Nawalnij bekam keine Zulassung zur Präsidentschaftswahl 2018, (vorgeblich) aufgrund einer Bewährungsstrafe wegen Betrugs.

Aufgrund von Repressionen und willkürlichen Einschränkungen der Wahlbeobachtungsmaßnahmen hat die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) bei den Dumawahlen 2021 keine Beobachter:innen mehr nach Russland geschickt - die bei diesen Wahlen erreichten Ergebisse der Listenkandidat:innen von “Einiges Russland” sprechen jedoch deutlich für Betrug und Fälschungen beim Wahlkampf-, Wahl- und Auszählungsprozess.

Wahlen - Fremdwahrnehmung

Die russische Verfassung garantiert:- Meinungsfreiheit- Presse- / Medienfreiheit- VersammlungsfreiheitRussland hat außerdem... - die allgemeine Erklärung der Menschenrechte- den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte- den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und- die Europäische Menschenrechtskonvention... unterschrieben

Menschenrechte

01

Gesellschaft, Medien und Partizipation

→ diese haben Vorrang vor der nationalen Gesetzgebung (laut russischer Verfassung)

Human Rights Watch, Amnesty International und andere NGOs wurden im April 2022 aus dem offiziellen russischen Register ausländischer Nichtregierungsorganisationen gestrichen. Nach Angaben des Justizministeriums lagen die Gründe dafür in “Verstößen gegen die russische Gesetzgebung”Die Versammlungsfreiheit ist stark eingeschränkt, widersprüchlich zu den in der Verfassung verankerten Rechten. So werden Anti-Kriegs-Demonstrant:innen regelmäßig festgenommen und auch vor dem Krieg hatte es schon zahlreiche Festnahmen von Gegnern der Regierung gegeben. Journalist:innen sind bei kritischer Berichterstattung von Verfolgung und Verhaftung bedroht. Während ihrer Arbeit müssen sie mit gewaltsamen An- und Übergriffen rechnen.

Menschenrechte - Fremdwahrnehmung

Beobachtungen von NGOs wie Amnesty International oder Human Rights Watch

Es wurden zahlreiche Maßnahmen der Regierung getroffen, um die Grund- und Menschenrechte weiter einzuschränken:- “Ausländische Agenten”-Gesetz geht gegen NGOs in Russland vor, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland in Anspruch nehmen- rechtliche Legitimierung zur Verfolgung von “unerwünschten” oder “extremistischen” Organisationen; das Rechtssystem kann als eine Marionette des Putin-Regimes betrachtet werden- mangelhafte und teils menschenunwürdige Haftbedingungen, dazu Übergriffe von Polizei und Personal- Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten wie LGBTQ+-Personen- schwere Menschenrechtsverletzungen wie Tötungen, Folter und Kollektivstrafen gegen FamilienDie Situation der Menschenrechte in Russland hat sich seit den Verfassungsänderungen weiter verschärft. So wird von härterer Durchsetzung der neueren Gesetze gesprochen.

Seit dem Beginn des Angriffskrieges in der Ukraine werden die deutlichen Repressionsmaßnahmen und deren Notwendigkeit umso deutlicher. Obwohl sich anfangs breiter Widerstand in der Bevölkerung regte, wurde dieser durch die neuen Gesetze der Duma schnell und wirksam niedergeschlagen, sodass die Masse der Bevölkerung von den drohenden, ernsten Konsequenzen wie Haft- oder hohen Geldstrafen von der Teilnahme abgehalten wurde. Selbst im Falle eines breiten Massenaufstandes wäre es der russischen Regierung und all seinen parallel geschalteten Institutionen möglich, die Kontrolle zu behalten.Viele russische Menschen haben ihre einzige Möglichkeit, diesem System, das Berichten nach mehr und mehr totalitäre Züge annimmt, zu entrinnen, in der Flucht aus dem Land gesehen - das ist nach wie vor möglich.

Menschenrechte - Fremdwahrnehmung

Während der Präsidentschaft Dmitrij Medwedews (2008 - 2012) erlebte Russland kurzzeitig eine Phase der relativen politischen Vielfalt, Freiheit und Partizipation, bevor diese nach der Wiederwahl Putins wiederum zunehmend eingeschränkt wurden.Die Möglichkeiten der politischen Partizipation sowie für Aktivismus sind in Russland stark eingeschränkt. Institutionen und Strukturen zwischen Staat und Gesellschaft, die eigentlich zur Verbindung dienen sollen, besitzen höchstens scheinbare Macht oder Einfluss - oppositionelle Parteien oder NGOs haben gegen die Machtvertikale Putins keine Chance, eine Stimme im Land zu haben.

International beobachtet man in Russland eine zunehmende Unterdrückung oppositioneller politischer Organisationen und Bewegungen und zugleich eine Stärkung und Etablierung von Putins Partei “Einiges Russland” als “Partei der Macht”.Die gezielte Verfolgung politischer Gegner unter dem Deckmantel der “Terrorbekämpfung”, “Extremismusbekämpfung” oder Verbreitung von Falschinformationen hat zugenommen.Ein extremes Beispiel: politischer Oppositioneller und potentieller Konkurrent Aleksej Nawalnij starb im Jahr 2020 fast durch einen Giftanschlag, dessen Ursprung international dem russischen Regime selbst zugeschrieben wird. Heute sind die Strukturen und Organisationen, mit denen er überdurchschnittlich viel Einfluss für die Opposition hatte, zerschlagen und machtlos.

Partizipation

Die Kontrolle über die Medienlandschaft hat seit der Machtergreifung Putins zugenommen:Es erfolgt vor allem eine verstärkte Zensur, auch im Zuge des Ukraine-Krieges:Die Medien­aufsichtsbehörde (Ros­komnadzor) verpflichtete bereits am ersten Tag des Krieges alle Massenmedien des Landes, ausschließlich Informationen offizieller russischer Quellen wiederzugeben; die Begriffe “Krieg”, “Angriff” und “Invasion” durften nicht verwendet werden.Das größte unabhängige Nachrichtenportal außerhalb von Moskau und Sankt Petersburg namens “Znak” stellte daraufhin seinen Dienst ein. Viele unabhängige Journalist:innen flohen ins Ausland.Es gab eine starke Einschränkung westlicher Medien in Russland. Landesweit können über 180 Medien, russische, aber auch riesige westliche Plattformen wie Facebook und Twitter, aufgrund einer Blockade nicht mehr arbeiten oder nicht mehr aufgerufen werden.

Bei der Verbreitung von kritischen oder “Falsch”inhalten über den Krieg oder den Einsatz der russischen Armee drohen Bürgern nun bis zu 15 Jahren Haft oder Geldstrafen bis zu 700.000 Rubel (8.100 Euro). Auch die öffentlichte “Diskreditierung” der russischen Streitkräfte sowie der Aufruf zur Verhängung von Sanktionen gegen Russland kann mit Geldstrafen von bis zu einer Million Rubel (rund 11.600 Euro) und Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren bestraft werden.→ die einzigen erhältlichen Informationen ohne VPN oder andere Umgehungsmaßnahmen decken sich mit der russischen Propaganda

Zensur

In den letzten Jahren hat die wachsende Kluft zwischen demokratischer, semipräsidentieller Verfassung und der politischen und gesellschaftlichen Realität weiter an Bedeutung gewonnen. Verfassungsrechtliche Grundlagen wie Gewaltenteilung, Grundrechte und Vielfalt in Politik und Gesellschaft werden offiziell und inoffiziell überschritten, und Kontrollinstanzen wie freie Medien, Opposition, Parteien und auch die Bevölkerung selbst verlieren ihre Rolle als solche, während die Macht des Präsidenten stetig anwächst. Die allmähliche Errichung einer Machtvertikale sowie die gezielte Ausschaltung politischer Gegner:innen und möglicher “Hindernisse” auf dem Weg zur totalen Kontrolle weisen auf einen langfristig geplanten und vor vielen Jahren in die Wege geleiteten Prozess hin.

Die in der Verfassung festgelegte Legitimierung von Präsident, Regierung und Parlament durch das Volk ist faktisch nicht mehr vorhanden, da es zahlreiche Hinweise, wenn nicht sogar Belege, für eine zentrale Kontrolle der politischen Vorgänge und Instanzen im Land gibt. Wahlfälschungen und illegitime Maßnahmen und Entscheidungsprozesse wurden von unabhängigen Organisationen in beinahe allen Bereichen festgestellt, wo politische Partizipation oder gegenseitige Kritik und Kontrolle in einer Demokratie eine Rolle spielen sollte.Expert:innen beobachten die Entwicklung des politischen Systems in Russland mit Sorge, und sprechen vor allem in Bezug auf die Kriegshandlungen gegen die Ukraine und die damit einhergehenden Repressions- und Propagandamaßnahmen von einem Übergang von der “gelenkten Demokratie” zu einem autokratischen Regime mit diktatorischen Charakteristiken.

Zustand und Kritik - Zusammenfassung

Quellen

03

https://osteuropa.lpb-bw.de/russland-politisches-system

04

05

https://russische-botschaft.ru/de/information/willkommen-in-russland/politisches-system/

06

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/russland-putin-verfassung-gesetz-amtszeit-100.html

01

https://www.bpb.de/themen/europa/russland/47948/staat-ohne-gesellschaft/

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/politisches-portrait/201710

02

https://www.bpb.de/themen/europa/russland/47932/politisches-system/

Quellen

09

https://osteuropa.lpb-bw.de/russland-politisches-system

10

11

https://www.hrw.org/de/news/2014/04/01/russland-neuer-angriff-auf-versammlungsfreiheit#:~:text=Das%20Versammlungsrecht%20ist%20in%20der%20russischen%20Verfassung%20verankert,und%20politische%20Rechte%3A%20Vertr%C3%A4ge%2C%20die%20Russland%20unterschrieben%20hat.

12

https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/europaeischer-gerichtshof-fuer-menschenrechte-russland-wegen-schwulenfeindlichen-gesetzes-verurteilt-a-1153098.html

07

https://www.sueddeutsche.de/politik/russland-osze-schickt-keine-wahlbeobachter-1.5373614

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-gesetz-fakenews-strafen-103.html

08

https://www.hrw.org/de/news/2022/03/10/russland-kriminalisiert-unabhaengige-kriegsberichterstattung-und-antikriegsproteste

Quellen

15

https://www.deutschlandfunk.de/russland-die-arbeit-der-unabhaengigen-wahlbeobachter-100.html

16

17

https://www.swp-berlin.org/10.18449/2022A31/

18

https://www.bpb.de/themen/europa/russland/47948/staat-ohne-gesellschaft/

13

http://kremlin.ru/acts/constitution

https://www.deutschlandfunk.de/golos-wahlbeobachter-in-russland-wir-werden-staendig-gejagt-100.html

14

https://www.zeit.de/politik/ausland/2017-12/russland-wahlkommission-alexej-nawalny-kandidatur-wahl

  • https://media.tag24.de/951x634/m/8/m8eld5pcy84lawligqdomtk0n1yivd5p.jpg
  • https://www.deutschlandfunk.de/putin-rede-ukraine-100.html
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  • https://www.tagesspiegel.de/politik/wegen-angeblicher-verstoesse-russland-schliesst-bueros-von-amnesty-human-rights-watch-und-deutschen-stiftungen/28241392.html
  • https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-09/russland-duma-parlamentswahl-protest-festnahmen-aktivisten-wahlbetrug
  • https://russlandverstehen.eu/menschenrechte-in-russland/
  • https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/russland/dok/2018/bedroht-und-verfolgt#
  • https://taz.de/Russisches-Parlament-zur-Ostukraine/!5837306/
  • https://www.fr.de/politik/putin-gesundheit-blutkrebs-geruechte-ex-cia-analyst-russland-ukraine-krieg-news-wladimir-zr-91545787.html
  • https://www.youtube.com/watch?v=sIyvAyvgQWQ
  • https://www.zois-berlin.de/publikationen/25-jahre-russische-verfassung

Bildquellen