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Entwicklungstherapeutischer Unterricht
Jo Bi
Created on November 23, 2022
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Transcript
Entwicklungs-therapeutischer Unterricht
nach Wood/ Bergsson
Ablauf
1. Einordnung und Begriff
2. Überblick
3. Ursprung
4. Konzept
5. Evaluation
6. kritische Würdigung
7. Quellen- und Literaturverzeichnis
Einordnung und Begriff
didaktische Modelle
Einordnung als Unterrichts-konzept
Unterrichtskonzepte
Unterrichtsprinzipien
Unterrichtsmethoden
Abbildung vgl. Denzer 2022 Seminarfolien 8.1 Unterrichtskonzepte II
Begrifflichkeiten
- ETEP: "Entwicklungstherapie - Entwicklungspädagogik"
- ETU: "Entwicklungstherapeutischer Unterricht"
- Therapie (nach Wood): unscharf definiert = pädagogischer Prozess > gezielte, theoriegeleitete Handlungsstrategie
(Erich 2008; Hillenbrand 2016)
Überblick
Überblick
ETU
Ursprung
Ursprung
- Mary M. Wood: „Developmental Therapy“
- 1970er Jahre
- Entwicklung des Menschen in aufeinanderfolgenden Sequenzen
- stufenweise zunehmende Fähigkeiten/ Fertigkeiten in Kommunikation, Sozialisation, Verhalten und schulbezogene Kompetenzen
- Grundlage: verschiedene Theorien und Modell aus Psychologie und Soziologie => handlungsleitender Entwicklungskatalog
Athens, Georgia (USA): Rutland Center
(Bergsson 1995; Müller 2021)
Ursprung
- Integratives bzw. inklusives Modell
- Interdisziplinäres Team (Sonder-, Sozialpädagogen, Psychologen, Musik- und Kunsttherapeuten, Logopädie)
- Marita Bergsson: Weiterentwicklung und Anpassung auf deutsche Verhältnisse => Elemente und Überzeugungen des amerikanischen Konzepts übernommen
(Bergsson 1995; Hillenbrand 2016; Müller 2021)
Ursprung
- Ziel: Theorien und Forschungen => (sonder-)pädagogische und unterrichtsbezogene Praxisanleitung
(Erich 2008; Wood, 1986, S. viif.; zit. nach Erich 2008, S.623 und übersetzt durch d. Verf.)
Konzept
Konzept
4.1 Zielgruppe und Zielsetzung
4.2 Grundhaltung
4.3 Entwicklungscurriculum
4.4 Diagnostik
4.5 Förderplanung
4.6 praktische Umsetzung im Unterricht
4.7 pädagogische Intervention
4.1
Zielgruppe und Zielsetzung
- Kinder und Jugendliche von 0- 16 Jahren ...
- Pädagogen als "Entwicklungsförderer" (Bergsson 1997, S. 11)
(Bergsson 1997; Erich 2008)
4.2
Grundhaltung
4 Basisannahmen:
- Kindliche Stärken im Fokus/ Ressourcenorientierung:
- Der Entwicklung logisch folgend:
(Erich 2008, S.624)
4.2
Grundhaltung
4 Basisannahmen:
- Freude und Erfolg sicherstellen
- Bedeutsame Erfahrungen ermöglichen
(Erich 2008, S.624)
4.2
Grundhaltung
- präventives Agieren vermeidet symptomorientiertes Reagieren 1
- Erklärungsmuster bewusst machen: Man kann nicht keine Theorie haben! 2
1 Hillenbrand 2016, S.177 & 2 Palmowski; zit. nach Bergsson/ Luckfiel 2021 S.16
4.3
Das Entwicklungscurriculum
- Stufen-Prozess-Modell
- Annahme: Entwicklungsprozess in hierarchisch aufeinanderfolgenden Entwicklungsstufen bzw. Sequenzen
- Entwicklungprozess auf aktueller Stufe abhängig von angemessener Entwicklung auf der unteren
(Bergsson, 2004; zit. nach Erich 2008, S.623)
4.3
Das Entwicklungscurriculum
- berücksichtigte wissenschafltiche Theorien und Modelle (Auszug)
Tab. 1 eigene Darstellung (Erich 2008, S.623)
4.3
Konflikt
Arbeitsauftrag
Fähigkeit zur er-folgreichen Gruppen-teilnahme erwerben
Auf die Umwelt mit Erfolg reagieren
Ziehe die Textfelder & Begriffe an die passende Stelle und notiere das passende Alter.
Schuld
individ./gruppen-bezog. Fähigkeiten in neuen Situationen anwenden
identität
Das Zeichen-Tool findest du oben rechts; die Textefelder einfach per Drag and Drop verschieben !! lasse diese Seite nach der Bearbeitung zur Überprüfung noch geöffnet!!
Auf die Umwelt mit Freude reagieren
sich in Gruppen-prozesse ein-bringen
Verlassenheit
Unzugänglichkeit
Abb. 1 Entwicklung in Stufen (Institut für Entwick-lungstherapie/ Entwicklungspädagogik e.V., 2001)
4.3
Das Entwicklungscurriculum
- 5 Stufen
- 4 Entwicklungsbereiche
- Stufe erfolgreich durchlaufen, wenn spezifische Verhaltenskompetenzen erworben sind
Erich 2008, S. 625
Abb. 1 Entwicklung in Stufen (Institut für Entwick-lungstherapie/ Entwicklungspädagogik e.V., 2001)
4.3
Das Entwicklungscurriculum
- Verhaltensstörung= Symptom einer Entwicklungsverzögerung emotionaler- sozialer Fähigkeiten
- Grund: komplexe Ursachen- und Problemzusammenhänge
- gezeigte Verhalten in zweifacher Hinsicht „auffällig“
- Ziel: Auflösen des Ungleichgewichts aus individuellen, inneren Bedürfnissen und sozialen Erwartungen von außen
Erich 2008; Bergsson 1997
Abb. 1 Entwicklung in Stufen (Institut für Entwick-lungstherapie/ Entwicklungspädagogik e.V., 2001)
4.3
Das Entwicklungscurriculum
- konkrete Operationalsierungen
- "Entwicklungskatalog" aus ursprünglich aus 144 Einzel-Items: DTORF-R (Developmental Teaching Objectives and Rating Form- Revised)
deutsche Version: ELDiB Entwicklungspädagogische Lernziel-Diagnosebogen
Erich 2008; Bergsson 1997; Stein/ Stein 2022, S.158
Abb. 1 Entwicklung in Stufen (Institut für Entwick-lungstherapie/ Entwicklungspädagogik e.V., 2001)
4.4
Diagnostik
- ELDiB Entwicklungspädagogische Lernziel-Diagnosebogen
- konkrete, normative Fähigkeitsbeschreibungen, insgesamt 182 Items
- ganzheitliche Entwicklungsbetrachtung als Einschätzskala: je Item auf drei Stufen
- Blick auf Fähigkeiten/ Kompetenzen => Stigmatisierung/ Aussonderungsprozesse verringert
- verschiedene Versionen: Lehrperson und Betreuungspersonen; Kinder/ Jugendliche und Gruppen
Erich 2008, Stein/ Stein 2020
4.4
Diagnostik
Kinder ELDiB:
- Stufe II; Entwicklungsbereich Handeln
- bei fast immer/ manchmal: Stichwortartige Beschreibung beispielhafter Situationen (linke Seite des Diagnosebogens: Platz für Notizen)
Abbildungen und Inhalt: Bergsson 1995
4.4
Diagnostik
ELDiB für Lehrkräfte :
- Stufe III; Entwicklungsbereich Sprechen
- Weiß: Fähigkeit stabil beobachtbar
- Hellgrau: Fähigkeit ansatzweise gezeigt => sollte/kann jetzt Lernziel werden
- Dunkelgrau: Fähigkeit nicht erkennbar => jetzt noch kein Lernziel
Abbildungen und Inhalt: Bergsson 1995
4.4
Diagnostik
alle ELDiB Versionen: Begleitmanual mit beispielhaften Aussagen zu jedem Entwicklungsitem
Auszug ELDiB Jugendliche: SOZ-Lernziele IV (Entwicklungsbereich: Zuwenden)
Abbildungen und Inhalt: Bergsson 1995
4.4
Diagnostik
Auszug aus dem Gruppen ELDiB; Stufe III; Entwicklungsbereich Sprechen
Abbildungen und Inhalt: Bergsson 1995
4.4
Arbeitsauftrag
betrachte die Videos und fülle den Beobachtungsbogen aus
4.4
Diagnostik
Diagnose des gegenwärtigen Funktionsniveaus
Die 5 Funktionen des ELDiB
Entscheidungshilfe -> Förderung notwendig
ständige Überprüfung
Grundlage für die Förderplanung
Anhaltspunkte für die Eingruppierung
Bergsson 1997; S.13
4.5
Förderplanung
- Ergebnisse ELDiB: Fähigkeitsprofil + Zielprofil
- Zusammensetzung der max. 9 Förderziele: je zwei Ziele in Verhalten, Kommunikation und Sozialisation + bis zu drei Ziele im schulischen Entwicklungsbereich
- Partizipation des Kindes in Planung und Visualisierung der Förderziele
- angemessene Zielformulierung
Bergsson 1995/1997 Erich 2008
4.5
Förderziel Handeln Sprechen Zuwenden Denken
Arbeitsauftrag
Formuliere ein Förderziel für Taiem in "deinem" Entwicklungsbereich.
4.5
Förderplanung
individueller Entwicklungsplans (IEP):
- Bedeutsamkeit von Umfeldarbeit und kollegiale Fallberatung betont
Als Förderziele definierte Verhaltensfähigkeiten
Zeitraum für nächste Förderphase;
besondere schulische Maßnahmen (z. B. Teil-nahme an Fördergruppe)
Außer-schulische Maßnahmen (Therapien etc.)
Form der elterlichen Mitarbeit
Bergsson 1995/1997, Erich 2008
4.6
Unterrichtsgestaltung
Regelmäßig wiederkehrende Kernaktivitäten
Systematischer Tätigkeitswechsel
Plan der Aktivitäten
Äußere Strukturierung Hilfe zur inneren Strukturierung
Gruppensetting
Aktivitätsphasen
Bergsson 1995/1997,S.15
4.6
Unterrichtsgestaltung
Learning by doing
Wochenthema
Bildung und Erziehung untrennbar vereint
Kreativität
Hillenbrand 2011, Erich 2008
Bergsson 1997,S.15
4.6
Unterrichtsgestaltung
#: gezeigte Fähigkeit X: ansatzweise gezeigt => Lernziel 0: noch nicht bereit
Abb. Bergsson 1995,S.182
4.6
Unterrichtsgestaltung
Abb. Bergsson 1995,S.183
4.7
Interventionsstrategien
- aus verschiedenen, bereits vorhanden wissenschaftlichen Theorien/ Modellen zusammengetragen
- Bergsson (1995; S.9): keine „eklektische Zusammenstellung“… sondern „multimodales Vorgehen“
4.7
Arbeitsauftrag
Wende die Strategie des Spiegelns auf die erste Situation an und die des Umlenkens/ Umgestaltens auf die zweite.Suche dir dafür einen Partner/ eine Partnerin.
Abb. Bergsson/ Luckfiel 2021 S.56
Situation 1: Taiem und sein Bruder entdecken eine Nikolausmütze und laufen gleichzeitig hin. Ghaith schnappt sie sich zuerst. Taiem ballt die Fäuste und lässt einen lauten Schrei los.
Situation 2: beim gemeinsamen Puzzeln findet Taiem auch nach mehreren Versuchen nicht das Teil für die Stelle, die er gerade fertig machen will. Er motzt laut vor sich hin, schmeißt ein paar Puzzleteile vom Tisch und läuft anschließend in sein Zimmer.
Abb. Bergsson/ Luckfiel 2021 S.56
Studienlage
Studienlage
- Ursprungskonzept: innerhalb von 10 Jahren an mehr als 10.000 Kindern evaluiert => Effizienz mehrfach und klar nachgewiesen (z.B. 1993 von der American Psychiatric Association)
- durchschnittliche Verweildauer im Förderprogramm ca.13 Monate
- Bergsson 1995: Studie an einer Schule für Erziehungshilfe; Betrachtung: Quote der Rückführung in den Regelunterricht; SuS an Förderzentrum vollzeit, SuS an Regelschule integrativ im ETU unterrichtet => Rückführung Schülerschaft des Förderzentrum: 29%; Schülerschaft der Regelschule: 41%
- durchschnittliche Verweildauer im Förderprogramm ca. 50 Wochen
Hillenbrand 2011; Erich 2008
kritische Würdigung
kritische Würdigung
- ganzheitlicher Ansatz; ursprünglich integrativer Ansatz
- Studienlage deutet auf Erfolg hin; regelmäßige Evaluation im Konzept verankert
- Umfeldarbeit wird Bedeutung zugeschrieben, aber Diagnosekritierium sehr personorientiert
- ressourcen- und zeitintensiv
- Stufe I von Bergsson nicht berücksichtigt
- Ansatz einer Entwicklung in Stufen von vielen Wissenschaftlern stark kritisiert
Stein/ Stein 2020, Bergsson 1995
kritische Würdigung
- Entwicklungscurriculum: Bereiche der Entwicklung nicht klar umschrieben; verschiedene -teilweise widersprüchliche- Theorien Stigmatisierung/ Defizitorientierung bleibt bestehen
- Bearbeitung ELDiB selbst für Kind/ Jugendliche*n mit hoher Sprachkompetenz schwer
- gute Methode um Förderziele nicht nur aus einem Bauchgefühl heraus zu formulieren
- Bemühung, Wisschensachft konkret in Praxis zu übertragen
Stein/ Stein 2020; Müller 2021
Quellen- und Literatur-verzeichnis
Literatur- / Quellenverzeichnis
Bergsson, M. (1995). Ein entwicklungstherapeutisches Modell für Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten - Organisation einer Schule: Praxis der Entwicklungstherapie (Bd. 1). Bergsson- Billing- Wiedenhöft- Verlag/ PROGRESSUS- Verlag für Pädagogische Praxis, Essen Bergsson, M. & Jakob Muth- Schule, Essen. (1997). Die Superfreunde vor der Drachenhöhle. Praktische Beispiele für Wochenthemen im entwicklungstherapeutischen Unterricht: Praxis der Entwicklungstherapie (Bd. 3). Bergsson, M., Döller- Fleiter, L. Bergsson- Billing- Wiedenhöft- Verlag/ PROGRESSUS- Verlag für Pädagogische Praxis, Essen Bergsson & Luckfiel. (2021). Lehrerbücherei GRUNDSCHULE. Umgang mit „schwierigen“ Kindern (13. Aufl.). Cwik, G., Dr. Metzger, K.; Cornelsen GmbH, Berlin Erich, R. (2008). Entwicklungspädagogische Förderung von Kindern mit sozial-emotionalem Förderbedarf. In Handbuch Sonderpädagogik. Sonderpädagogik der sozialen und emotionalen Entwicklung. (Bd. 3, S. 622- 644). Gasteiger-Klicpera, B.; Julius, H.; Klicpera, C.;Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen Hillenbrand, C. (2011). Didaktik bei Unterrichts- und Verhaltensstörungen: Unterrichtsstörungen (3. Aufl.). UTB, Stuttgart. Institut für Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik e.V. (ETEP Europe). (2001). ETEP/ EUROPE - Entwicklungstherapie Entwicklungspädagogik. Abgerufen am 6. Dezember 2022, von http://etep.org Müller, T. (2021). Basiswissen Pädagogik bei Verhaltensstörungen (1. Aufl.). UTB GmbH. Stein, R. & Stein, A. (2020). Unterricht bei Verhaltensstörungen: Ein integratives didaktisches Modell (3. überarb. u. aktual. Aufl.). UTB GmbH.